manage to green "Wir gehen der Entwicklung voran"

An der Dekarbonisierung führt kein Weg vorbei, auch nicht in der Immobilienwirtschaft. Union Investment hat sich früh darauf eingestellt. Das nutzt der Umwelt – und den Anlegern.

Ein Gastbeitrag von Dr. Christoph Holzmann

Die Zeit wird knapp. Wer glaubte, die Klimaziele der Bundesregierung seien eher eine Vision als ein konkreter Plan, für den kam spätestens im Frühsommer 2021 ein Weckruf. Erst verurteilte das Bundesverfassungsgericht die deutsche Regierung zu effektiveren Maßnahmen in Sachen Dekarbonisierung. Nur wenige Wochen später präsentierte dann das Bundeskabinett den Entwurf für ein neues Klimaschutzgesetz, das es in sich hat. Bis 2030 soll der Kohlendioxidausstoß im Vergleich zu 1990 nun um mindestens 65 Prozent gesenkt werden – zuvor waren es noch 55 Prozent gewesen. Und bis 2040 sollen die Emissionen statt um die zuvor anvisierten 70 Prozent gar um 88 Prozent gesenkt werden. Das Endziel Netto-Treibhausgas-Neutralität wurde gleich um fünf Jahre nach vorn verlegt: von 2050 auf 2045.

In anderen Staaten verläuft die Entwicklung ähnlich. Ein Beispiel: Das Bezirksgericht Den Haag sparte sich den Umweg über die Politik und verdonnerte den Ölkonzern Shell direkt dazu, seinen Kohlendioxidausstoß bis 2030 um 45 Prozent im Vergleich zu 2019 zu senken.  

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Bis 2030 soll der Kohlendioxidausstoß in Deutschland statt um 55 nun um 65 Prozent gesenkt werden. Bis 2040 sollen die Emissionen statt um 70 Prozent um 88 Prozent gesenkt werden.
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Scharfe Regeln, unklare Vorgaben

Die Krux an der aktuellen Entwicklung ist: Mit welchen Maßnahmen die Unternehmen diese Ziele erreichen sollen, bleibt weitgehend unklar. Klar aber ist: Wo immer sie können, werden große Unternehmen den Druck weiterleiten. Beispielsweise auf die Eigentümer der von ihnen genutzten Immobilien – also auch auf Union Investment.
Dabei wächst der Druck auf die Immobilienbranche ohnehin stetig. Denn auch auf Produktebene werden die Regeln verschärft. 2020 wurden die ersten Schritte des EU Action Plan umgesetzt. Das bedeutet: Seit März dieses Jahres dürfen Unternehmen nur noch ganz bestimmte Produkte als nachhaltig vertreiben. Und auch hier fehlt es an klaren Vorgaben. Die Taxonomie-Verordnung der EU definiert zwar, wann ein Gebäude als nachhaltig gilt, aber nicht, wie viele nachhaltige Gebäude ein Fonds enthalten muss, damit er insgesamt als nachhaltig gewichtet wird. Nach derzeitigem Diskussionsstand zeichnet sich lediglich ab, dass es wohl ein zweistelliger Prozentsatz sein wird.  

„Klar ist: Große Unternehmen werden den Druck weiterleiten. Beispielsweise auf die Eigentümer der von ihnen genutzten Immobilien.“ Dr. Christoph Holzmann COO und Geschäftsführer Union Investment Real Estate GmbH

Wir fangen nicht bei null an

Wenig Zeit und unklare Vorgaben. Das ist auch für uns bei Union Investment eine große Herausforderung – aber kein Grund, um in Panik auszubrechen. Denn wir fangen nicht bei null an. Uns ist seit Langem klar, dass Unternehmen, die auf dem Weg zur Dekarbonisierung nicht engagiert genug mitgehen, auf Dauer Markteinbußen hinnehmen müssen – oder sogar untergehen. Darum haben wir 2018 unsere „manage to green“-Strategie entwickelt: einen Stufenplan, um unser Portfolio bis 2050 klimaneutral zu stellen. Ein wichtiger Bestandteil davon ist der von uns entwickelte Sustainable Investment Check (SI-Check), mit dem wir nicht nur potenzielle Neuankäufe, sondern auch die Gebäude aus unserem Portfolio regelmäßig auf ihren Nachhaltigkeitsstatus abklopfen. Den Istzustand vergleichen wir mit Potenzialen. So wissen wir genau, an welcher Stelle wir Hebel ansetzen müssen.
Und bereits 2019 haben wir das Nachhaltigkeitsscoring atmosphere entwickelt, das mit einer Kennzahl festlegt, zu wie viel Prozent eine Gewerbeimmobilie oder ein Portfolio die Klimaschutzziele für das Jahr 2030 erfüllt. Nahezu parallel dazu starteten wir außerdem ein Energiemonitoring-Pilotprojekt. Dafür müssen wir nicht nur möglichst viele Daten der komplexen Anlagen in unseren Gebäuden erfassen, sondern auch in der Lage sein, aus diesen herauszulesen, wo sich Einsparpotenziale verbergen. Die ersten Ergebnisse des Pilotprojekts zeigen: Es gibt noch viel Potenzial zu heben und es lohnt sich für uns, das Programm auszubauen.  

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„Wir müssen nicht nur möglichst viele Daten erfassen, sondern auch in der Lage sein, aus diesen herauszulesen, wo sich Einsparpotenziale verbergen.“ Dr. Christoph Holzmann COO und Geschäftsführer Union Investment Real Estate GmbH
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Mieter und Anleger müssen mitmachen

Dennoch: Die Aufgabe, die vor uns liegt, ist groß und komplex. Und wir können sie nicht allein bewältigen. Zum einen brauchen wir die Unterstützung unserer Mieter. Schließlich können wir nicht einfach über Gebäude verfügen, ohne die Mieter zu fragen. Auch wichtige Daten, die das Energiemonitoring noch effizienter machen, können wir nicht ohne ihre Zustimmung erheben und auswerten. Zum anderen gehören die Gebäude nicht uns selbst, sondern vielen Tausend Anlegern. Und vieles, was der Umwelt oder auch den Mietern nutzt, bringt für sie auf den ersten Blick zunächst Nachteile mit sich. Schließlich sind sie es, die die Kosten für energetische Modernisierungen tragen – sinken infolge dieser Modernisierungen die Nebenkosten, profitieren aber lediglich 
die Mieter. Unsere Aufgabe ist es darum auch, Überzeugungsarbeit zu leisten. Wir wollen klarmachen, dass auf Dauer alle davon profitieren, wenn wir jetzt entscheidende Schritte Richtung Dekarbonisierung einleiten, denn nur so sind Gebäude, Immobilienfonds und Renditen langfristig attraktiv.  

Bilder: Getty Images, Union Investment / Benne Ochs