Erfolg bedeutet in der Immobilienwirtschaft traditionell finanzielle Performance. Steht Nachhaltigkeit dazu im Widerspruch?
Röhrs: Nachhaltigkeitsinvestitionen tragen zur Werthaltigkeit einer Immobilie und zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit bei und sind daher für Union Investment geradezu eine Selbstverständlichkeit. Wenn ein Dach ein Leck hat, fragen wir uns auch nicht, ob die Reparatur zulasten der Rendite geht.
Das Thema steht gleichauf mit den anderen Aufgaben bei der Entwicklung des Bestands. Nur so finden wir die Mieter, die wir für unsere hochwertigen Flächen suchen.
Wie stark wirken sich Vorgaben der EU auf die Portfoliosteuerung aus?
von Mallinckrodt: Die Entwicklung ist nicht überraschend. Die Dynamik aber schon. Zum Glück ist Union Investment mit dem Thema Nachhaltigkeit gut vertraut und wir haben schon 2018 in unserer „Manage to Green“-Strategie festgelegt, dass wir unseren Bestand bis spätestens 2050 klimaneutral gestalten wollen. Das ist deutlich anspruchsvoller als das, was die EU-Taxonomie aktuell von uns verlangt. Taxonomiekonformität ist schließlich nicht mit Klimaneutralität gleichzusetzen. Es besteht aber noch Unsicherheit, welches Investment jetzt sinnvoll ist.
Röhrs: In der Tat benötigen wir in unserer Rolle als Treuhänder Klarheit darüber, ob wir Anlegergelder jetzt oder besser später investieren sollen. Wir haben uns für den UniImmo: Deutschland entschieden, das Thema nicht auf uns zukommen zu lassen, sondern ein aktiver Gestalter zu sein.

„In unserer ‚Manage to Green‘-Strategie ist festgelegt, dass wir unseren Bestand bis spätestens 2050 klimaneutral gestalten wollen.“ Jan von Mallinckrodt Head of Sustainability, Union Investment Real Estate
Im Oktober haben Sie sechs Publikumsfonds auf Artikel 8 umgestellt. Was bedeutete das fürs Portfoliomanagement?
von Mallinckrodt: Von den Prozessen her war es kaum Aufwand, die Instrumente waren schon installiert. Insofern war die Artikel-8-Umstellung nur konsequent, gleichzeitig aber auch nur ein erster wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralität. Wir wissen, dass wir einen Auftrag haben, der länger dauert. Transformation braucht Zeit. Und wir brauchen noch Innovationen in der Bauwirtschaft, um die Herausforderungen, die im Bestand liegen, zu lösen.
Röhrs: Der UniImmo: Deutschland hat viele Tausend Anleger, die ohne den Nachhaltigkeitsrahmen eingestiegen sind. Wir wollen aber auch neue Anleger mit der Idee gewinnen, dass unser Offener Immobilienfonds ein nachhaltiges Investment ist. Für beide ist die Botschaft wichtig, dass wir nicht bei null starten und den notwendigen Transformationsprozess aktiv managen. Die Umstellung auf Artikel 8 ist dafür ein Signal.
Wie steuern Sie die Transformation mit Blick auf die Nachhaltigkeitsanforderungen?
von Mallinckrodt: Hierfür setzen wir bereits seit 2009 unseren Sustainable Investment Check ein, der alle relevanten Dimensionen abbildet. Das S in ESG ist noch nicht durch die Taxonomie definiert – BaFin, Bundesfinanzministerium und EU haben ihre eigenen, voneinander abweichenden Vorstellungen. Wir verfolgen daher einen eigenen Kriterienkatalog und setzen aktiv auf Raum- und Luftqualität, Sicherheit, Nahversorgung und soziale Engagements in unseren Immobilien, um nur einige Beispiele zu nennen.
Röhrs: Unsere Immobilien sollen bei den Nutzerinnen und Nutzern ein gutes Grundgefühl auslösen. In vielen unserer Bürogebäude sind die Zielgruppe Unternehmen mit Mitarbeitenden und Leitungsgremien, die eine Sensibilität für ein nachhaltiges Ambiente haben. Auf dieses Bild zahlt die Erreichbarkeit per Fahrrad und ÖPNV ebenso ein wie eine gute Ausstattung mit Fahrradstellplätzen, Duschen, Umkleidekabinen oder auch Parkplätzen, die so belichtet sind, dass sie angstfrei genutzt werden können.

Bis 2025 will Union Investment das Energiemonitoring als Teil der Manage to Green-Strategie in allen Fondsobjekten umsetzen.
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Wie steigern Sie die Nachhaltigkeit des Portfolios?
von Mallinckrodt: Schnelle erste Erfolge lassen sich erzielen, indem Fehlsteue-rungen erkannt werden: etwa dass eine Heizung sieben Tage in der Woche läuft, obwohl das Gebäude nur an fünf Tagen genutzt wird. Darüber hinaus versuchen wir mit dem Einsatz von intelligenten Zählern und Ableiten von Maßnahmen die energetische Modernisierung stetig voranzutreiben.
Was bedeutet das konkret?
von Mallinckrodt: Zentraler Baustein unser „Manage to Green“-Strategie ist das Energiemonitoring. Bis 2025 wollen wir das in allen Fondsobjekten umsetzen. Das bedeutet für uns, ungefähr 80 Objek-te pro Jahr mit Sensorik auszustatten, um gesicherte Daten zu erhalten. Bei über 100 ist das schon passiert. Parallel analysieren wir schrittweise das Gesamtport-Jan von Mallinckrodt (links) und Thomas Röhrs sind Verfechter der „Manage to Green“-Strategie. Unter dem Markennamen atmosphere ermittelt Union Investment eine Kennzahl, die Mietern, Anlegern und Marktbegleitern die Nachhaltig-keitsperformance einer Immobilie anzeigt.
„In unserer ‚Manage to Green‘-Strategie ist festgelegt, dass wir unseren Bestand bis spätestens 2050 klimaneutral gestalten wollen.“Jan von Mallinckrodt, Head of Sustainability, Union Investment Real Estate „Nachhaltigkeitsinvestitionen tragen zur Werthaltigkeit einer Immobilie und zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit bei. “Thomas Röhrs, Fondsmanager UniImmo: Deutschland, Union Investmentfolio: Was sind die nationalen und internationalen Erfordernisse und wo müssen wir mit jedem einzelnen Objekt hin? Röhrs: Wir wollen im Wesentlichen unseren Bestand nach vorn bringen. Dort, wo dies technisch gelöst werden kann, heißt es: umsetzen. Wenn Investitionen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit nicht für lohnend erachtet werden, kann es natürlich auch zu Verkäufen kommen.
„Nachhaltigkeitsinvestitionen tragen zur Werthaltigkeit einer Immobilie und zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit bei.“ Thomas Röhrs Fondsmanager UniImmo: Deutschland, Union Investment

Lässt sich absehen, wie groß dieser Anteil sein wird?
Röhrs: Die Vorstellung, Objekte ohne ausreichendes Nachhaltigkeitspotenzial einfach zu verkaufen und dafür energetisch perfekte Gebäude zu erwerben, ist unrealistisch. Es wäre auch nicht sinnvoll. Wenn wir eine Immobilie verkaufen, nur um unser Portfolio von ihr zu befreien, ist der Umwelt nicht geholfen. Nehmen Sie ein Hotel in einer attraktiven Lage. Oder ein Shoppingcenter mit vielen Stammkunden. Diese Objekte verlieren nicht allein deshalb ihre Berechtigung, weil sie neue Vorgaben noch nicht erfüllen. Deshalb müssen wir technisch unproblematische Maßnahmen umsetzen und da, wo es nicht möglich ist, uns die Frage stellen: Wie sehr belastet die Immobilie das Portfolio? Vielleicht geht eine Modernisierung heute nicht, aber in fünf Jahren.
von Mallinckrodt: Die Strategie ist richtig, sich nicht auf den Neubau zu verlassen. Nachhaltige neue Gebäude gibt es eigentlich nicht. Weil man immer den Lebenszyklus einer Immobilie betrachten muss und die CO2-Belastung durch ihre Herstellung.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Fondsmanagern und Nachhaltigkeitsexperten?
Röhrs: Es ist eine kontinuierliche Abwägung zwischen den Empfehlungen der Nachhaltigkeitseinheit und den Möglichkeiten der Umsetzung in den einzelnen Objekten. Die Kosten sind nicht der eigentliche Engpass, denn wir wissen, die Strategie ist alternativlos. Unsere Aufgabe im Fondsmanagement ist es, die Maßnahmen auf den Weg zu bringen und mit dem Asset Management einen Fahrplan zu vereinbaren.
Welche Rolle spielen die Nutzer und ihr Verhalten?
Röhrs: Die Transformation kann nur gemeinsam gelingen. Die Nutzer holen wir am besten mit guten Argumenten ins Boot. Sensorik hilft uns, Einsparmöglichkeiten schwarz auf weiß offenzulegen, etwa wenn sich am Wasserverbrauch zeigen lässt, dass eine Etage am Wochenende nie genutzt wird. Diese Transparenz ist nicht jedem Mieter angenehm. Nachhaltigkeit muss man wollen. Wir glauben aber, dass immer mehr Mieter sie wollen werden.
von Mallinckrodt: Hier setzt die Regulatorik einen wichtigen Impuls: Ab Ende 2024 müssen auch Unternehmen ihre CO2-Emissionen offenlegen. Das hilft vielleicht auch, endlich Einblicke in die Verbräuche unserer Mieter zu bekommen. Nur so können wir gemeinsam mit den Nutzern auch die notwendige Transformation der Objekte erreichen.
Honorieren die Anleger Nachhaltigkeitsstrategien?
Röhrs: Der Anteil der Anleger, denen die Nachhaltigkeit ihrer Kapitalanlage wichtig ist, steigt merklich. Eine erkennbare Nachhaltigkeitsstrategie kann daher durchaus zu höheren Absätzen führen. Genauso wichtig wie die Überzeugung neuer Kunden ist mir aber, unseren Bestandsanlegern, die den Fonds nicht unter der Prämisse gezeichnet haben, sehr transparent aufzuzeigen, wie wir den Transformationsprozess behutsam und doch konsequent gestalten.
von Mallinckrodt: Wir brauchen das Verständnis der Kunden, dass wir einen Weg beschreiten, der kurzfristig Rendite kostet, aber langfristig Rendite sichert und Zukunftssicherheit für die Kapitalanlage bedeutet. Die Verantwortung liegt bei uns selber. Wir haben es selber in der Hand, die große Zukunftsaufgabe mit den richtigen Maßnahmen zu lösen.

Über 100 Fondsobjekte von Union Investment sind bereits mit Sensorik ausgestattet.